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Kronen Zeitung

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SK Sturm GrazFC Inter Mailand

SPENDLHOFER GIBT ZU

„Dankbar, dass mich in Österreich keiner wollte!“

Hannes Maierhofer

Er mag aus einem kleinen Ort in Niederösterreich stammen und aktuell für einen Klub aus einem kleinen Ort in Polen aktiv sein, er hat aber auch bereits in größeren „Fußball-Sphären“ gelebt, gedacht und gekickt – im zweiten Teil des großen krone.at-Interviews erzählt Lukas Spendlhofer über seine spannenden Jugendjahre bei Inter Mailand, seine sechs Jahre beim SK Sturm Graz, sein Entsetzen über die Terror-Attacke gegen Israel am 7. Oktober 2023 und welchen Superstar er als besten Fußballer sieht, mit dem er je zusammengespielt hat …


krone.at: Jetzt mag das kleine Nieciecza nicht der Nabel der Fußball-Welt sein – mit Bnei Sachnin und Maccabi Bnei Reineh in Israel hast Du bereits davor noch ungewöhnlichere Engagements gewagt. Wie bist Du dazu gekommen, ausgerechnet in dieser Ecke der Welt Dein Glück zu versuchen?
Lukas Spendlhofer: Vor dem Engagement in Sachnin bin ich in Italien in der Serie B bei Ascoli gewesen, meine erste Station nach Sturm Graz. Die Hinrunde dort ist eigentlich in Ordnung gewesen, ich habe wohl 80 Prozent der möglichen Spielminuten gemacht – also es ist für mich persönlich zufriedenstellend gewesen. Im Winter hat man bei Ascoli dann den Trainer gewechselt – der ist gekommen und hat direkt beim ersten Mal zu vier, fünf Spielern gesagt: „Auf euch zähle ich nicht!“ Ich bin auch darunter gewesen. Über den damaligen Sportdirektor von Ascoli, ist dann der Kontakt mit den Israeli zustande gekommen hereingekommen und ich habe mir gedacht: Bevor ich jetzt sechs Monate auf der Bank sitze, warum nicht dort Spielpraxis mitnehmen? Am Anfang musste ich mich im Internet über Israel informieren, dann habe ich mit meiner Frau gesprochen und wir haben gesagt: „Let’s do it.


krone.at: Wie hast Du Land und Leute in Deinen eineinhalb Jahren in Israel erlebt?
Spendlhofer: Ich kann eigentlich nur positiv über die Menschen und das Land Israel sprechen. Obwohl heute muss man die Situation anders bewerten mit dem Krieg. Ich habe meine Eindrücke vor Ort erlebt und ich bin mit beiden Seiten, sei es jetzt Juden oder Araber, gut ausgekommen. Es sind für mich beides wunderschöne Kulturen, wo ich viel gelernt habe, wo ich Dinge auch für mein jetziges Leben sehr gut mitnehmen kann. Beide Seiten sind sehr gastfreundliche Menschen. Meine Vereine waren beides arabische Vereine in einem jüdischen Land – ein Großteil meiner Mitspieler war auch eher arabisch. Das trennt sich dann doch ein bisschen dort, die arabischen Vereine sind trotzdem stolz darauf, wenn sie mehr arabische Spieler haben. Es gibt ja auch jüdische Vereine, die wollen eher weniger arabische Spieler haben ...

krone.at: Ich glaube, Beitar Jerusalem wäre so einer …
Spendlhofer: Es ist nicht offiziell, aber es ist eigentlich ein No-Go, dass dort ein Araber spielt ... (denkt nach) Aber ich bin dort als Fußballer hingegangen – für mich ist das eher wie Hobby plus Urlaub gewesen, und das bei das ganze Jahr über durchgehend schönem Wetter. Ich habe schöne Kulturen kennengelernt, gutes Essen genossen ... (zögert) Eigentlich traurig, wenn man darüber nachdenkt, was man die vergangenen zwei Jahre über aus dem Nahen Osten hört und sieht.

krone.at: Du bist im August 2023 aus Israel zu Nieciecza gewechselt – und eineinhalb Monate später haben die Hamas-Barbaren ihren Terror-Angriff auf Israel lanciert. Wie geht‘s einem da, wenn man im sicheren Polen sitzt und realisiert, dass dort, wo man gerade zuvor noch gelebt hat, plötzlich die Hölle auf Erden losgebrochen ist?
Spendlhofer: Es war natürlich ein großer Schock! Ich habe sofort unglaublich viele Nachrichten bekommen, etwa aus Österreich, ob ich schon davon weiß – und ich habe dann Nachrichten nach Israel verschickt, ob es eh allen gutgeht. Denn auch wenn es für mich keine extrem lange Zeit gewesen ist in Israel, sie ist doch sehr innig gewesen, v.a. auf menschlicher Ebene. Es ist schon beispiellos gewesen, wie herzlich die Menschen dort sind und wie viele ehrliche und echte Freunde ich dort gefunden habe. Ich war mit vielen mit Telefonaten und Nachrichten im Austausch. Ich verfolge das bis heute ziemlich genau. Es macht mich heute noch traurig und es ist sehr schade. Bei den Menschen, die ich kennengelernt habe, da merkt man nichts von diesem Konflikt, auch in der Mannschaft hat es nie Probleme gegeben. Aber leider ist die Situation so und das ist wirklich schade, weil sonst würde ich jedem eine Reise nach Israel empfehlen, weil es so sehenswert ist.

Bild: AFP/AFP

Bild: AFP/AFP

Bild: AFP

Bild: AFP/AFP

krone.at: Lass uns auf aus Deiner Sicht wohl bedeutend schönere Erinnerungen zurückblicken – was für Gefühle löst es in Dir aus, wenn Du an den 12. Mai 2013 zurückdenkst?
Spendlhofer: Wunderschöne Gefühle! Das ist der Tag gewesen, an dem ich in der Serie A mein Debüt für Inter Mailand gegeben habe. Die Serie A an sich ist schon etwas Großes, aber dann auch noch für so einen Verein wie Inter Mailand … (denkt nach) Auch wenn es nur eine Einwechslung gewesen ist, nur ein Match. Das ist für dich nur ein kleiner Moment von unzähligen Spielen, aber für andere Menschen ist das: „Wow! Inter Mailand!“ Noch heute sprechen mich Mitspieler, die das vorher nicht am Schirm hatten und das irgendwo sehen, darauf an. Das ist etwas sehr Großes, ich werde heute noch, obwohl es 12, 13 Jahre her ist, darauf angesprochen.

Bild: z. V. g.

krone.at: Ist es etwas, das man gerne in den eigenen Lebenslauf einfließen lässt – oder hadert man eher damit, dass es nicht mehr Spiele, mehr Einsatzminuten geworden sind?
Spendlhofer: Überhaupt nicht! Es ist alles für etwas gut im Leben – es passt so wie es ist. Natürlich hätte ich gerne 200 Spiele in der Serie A gemacht, da will ich nicht lügen. Aber wenn es keines geworden wäre, würde ich heute auch zufrieden hier sitzen und es wäre alles in Ordnung.

krone.at: Wie ist das generell gewesen für einen kleinen Pottschacher, der auf einmal in den Nachwuchs zu Inter Mailand kommt und dann auch mit den Großen mittrainieren darf?
Spendlhofer: Der Wechsel ist für mich schon wie aus dem Nichts gewesen. Ich war ja damals in St. Pölten in der Fußball-Akademie und es hat eigentlich nicht den Anschein gemacht, dass ich in naher Zukunft ins Ausland wechseln würde. Der Trainer in der Akademie hat viel auf mich gehalten und er hat auch probiert, dass ich den nächsten Schritt in die 2. Liga in Österreich gehen kann – aber die Vereine waren nicht interessiert. Und ein Monat später ist dann auf einmal Inter Mailand um die Ecke gekommen. Dass das so passiert ist, da muss man auch dankbar sein. Auch dankbar dafür, dass keiner in Österreich mich wollte, weil das hat den Schritt erst ermöglicht ...

Bild: Micaela Bernasconi

krone.at: Länderwechsel, von Grün-Weiß-Rot zu Rot-Weiß-Rot – die mit Abstand meisten Spiele hast Du im Laufe Deiner Karriere zwischen Juli 2014 und Juni 2020 für Sturm Graz hingelegt. Schaust Du auch aus dem Ausland dann und wann, wie es den „Blackies“ in der Bundesliga und im Europacup so geht?
Spendlhofer: Ja, natürlich! Natürlich verfolge ich die österreichische Bundesliga generell – Sturm Graz etwas mehr, denen drücke ich auch die Daumen. Es ist ja selbstverständlich, dass wenn man lange Zeit bei einem Verein gewesen ist, dann ist dieser Verein einem immer sympathischer als andere. Sturm war sechs Jahre meine Heimat, Sturm war der Verein, der mich zum Fußball-Profi gemacht hat, weil davor war ich ein Jungprofi ...

krone.at: An der Schwelle vom Jugendlichen zum Erwachsenen …
Spendlhofer: Genau! Sturm ist der Verein gewesen, der mir die Plattform gegeben hat. Da brauchen wir uns nichts vormachen: Ich bin ein Sturm-Graz-Fan und das wird auch so bleiben!

Bild: GEPA

Bild: GEPA

Bild: GEPA

krone.at: Wie geht’s Dir generell mit der Entwicklung, die die „Blackies“ in den vergangenen Jahren genommen haben? Nicht, dass die Zeit, in der Du in 184 Spielen für Sturm Deine Knochen hingehalten hast, schlecht gewesen wäre, aber den Meisterteller habt’s ihr Red Bull Salzburg einst nicht aus den Fingern reißen können …
Spendlhofer: Nein, das leider nicht! Aber in der Cup-Sieger-Saison sind wir bis zwei, drei Wochen vor Schluss knapp dran gewesen, dann aber in Salzburg das vorentscheidende Spiel verloren. Aber jetzt haben sie es geschafft, die vergangenen zwei, drei Jahre sind ja auch noch einmal auf einem anderen Niveau gewesen. Der Verein hat sich wirklich super weiterentwickelt, ist noch professioneller geworden, die Infrastruktur ist stetig am Wachsen. Natürlich ist das auch dank der Einnahmen möglich, die man durch die internationalen Auftritte lukriert hat. Ich glaube, dass Sturm Graz die nächsten zehn, fünfzehn Jahre schwer zu verdrängen sein wird, weil die Basis jetzt neu gelegt wurde. Den Gap zu Salzburg, den es gegeben hat, hat man jetzt jedenfalls geschlossen, glaube und hoffe ich ...

krone.at: Abgesehen von sechs Jahren beim SK Sturm Graz zeichnet sich Deine Karriere durch eine gewisse Transferhäufigkeit aus. Bist Du ein „Wandervogel“ aus Überzeugung?
Spendlhofer: Das würde ich, ehrlich gesagt, nicht so sehen, weil es gibt genug Spieler, die in Österreich bei fünf oder sechs Vereinen gespielt haben. Natürlich, mit vier Ländern im Lebenslauf schaut das nach sehr viel aus – und nach „Wandervogel“. Aber am Ende des Tages sind es jetzt nicht fünfzehn Vereine oder so gewesen. Insofern weiß ich nicht, ob „Wandervogel“ da angemessen ist.

Bild: Hannes Maierhofer

krone.at: Gibt’s Entscheidungen Deine Karriere betreffend, die Du rückblickend gesehen bedauerst?
Spendlhofer: Das ist eine ganz schwierige Frage. Ich glaube, man könnte immer etwas besser machen, auf jeden Fall. Trotzdem: Ich sitze heute sehr zufrieden hier, bin vor ein paar Tagen aufgestiegen – was soll ich jetzt großartig bedauern? Eher bedauere ich vielleicht einen Fehler in einem Spiel. Aber Entscheidungen? Jeder Spieler auf der Welt bishin zu einem Lionel Messi wird die eine oder andere bedauern. Die Entscheidung von ihm, zu Paris Saint-Germain zu gehen, kann man auch hinterfragen – aber trotzdem ist er einer der Größten, die es jemals gegeben hat. Ich bin kein Fan davon, Entscheidungen im Nachhinein zu hinterfragen – ich bin eher der Typ, dass ich zu meinen Entscheidungen stehe, auch wenn sie jetzt negative Konsequenzen haben, und mein Ding durchziehe.

krone.at: Wer ist in all den Jahren und Ländern und Ligen der beste Fußballer gewesen, mit dem Du je zu tun gehabt hast? Egal ob in der eigenen Mannschaft oder als Gegner …
Spendlhofer: (überlegt kurz) Das ist sehr interessant … Immer, wenn mich jemand über die Zeit bei Inter Mailand fragt, der beste Mitspieler ist dort für mich eindeutig Coutinho gewesen. Auch wenn der damals eigentlich noch ein junger Spieler gewesen und eher als Joker zum Einsatz gekommen ist. Aber mit dem im Training … Unglaublich! So etwas habe ich danach nicht mehr gesehen! Aber der hat auch dann seinen Weg gemacht.

Bild: GEPA

Bild: GEPA

Bild: GEPA

krone.at: Du hast auch deinen Weg gemacht. Du bist jetzt bald 32 Jahre alt und damit durchaus noch im besseren Fußballer-Alter, aber dennoch stehen wohl weniger Karriere-Jahre als Aktiver vor Dir als hinter Dir liegen. Wie lange soll es für Dich noch als Kicker weitergehen – und was kommt danach
Spendlhofer: Ich bin generell nie der Typ gewesen, der gesagt hat: Ich muss bis 38 oder 39 Jahre Profi-Fußball spielen … (denkt nach) Ja, ein, zwei, drei Jahre noch als Aktiver, so in die Richtung. Ich bin gerade in so einer Phase, das ein bisschen herauszufinden. Ich muss auch schauen, was der Körper hergibt. Diese Saison habe ich Gott sei Dank super durchgehalten, bin verletzungsfrei geblieben. Letztlich werde ich einfach schauen, wie lange es Spaß macht. Wenn die Phase kommt, dass ich zum Training fahre und mir denke: „Ich habe eigentlich keine Lust darauf!“, dann kann es auch sehr schnell gehen, dass man es beendet. Aber diese Saison bin ich erfolgreich aufgestiegen ...

krone.at: Das gibt noch einmal ein bisschen einen Schwung …
Spendlhofer: Das gibt Energie, Schub und vor allem Motivation! Die Freude am Fußball-Spielen ist nach wie vor sehr groß. Ich werde ja auch erst 32, es ist nicht so, als würde ich mich jetzt schon wie 35 fühlen. Aber mir ist schon bewusst, dass es die nächsten zwei, drei Jahre dem Ende zugeht.

krone.at: Und nach der aktiven Karriere? Hast Du schon etwas im Visier, wie ist da der Plan? Wirst Du dem Fußball erhalten bleiben oder wird’s den Schnitt geben?
Spendlhofer: Ich will auf jeden Fall die Trainerausbildung machen, das ist etwas, das mich immer schon sehr interessiert hat. Ich bin nie einer gewesen, der mit den Trainern nicht ausgekommen wäre – ich habe mich immer, auch weil es mir Spaß macht, sehr gerne mit Trainern oder Co-Trainern über Formationen und so weiter ausgetauscht, egal ob hier, in Italien oder Israel. Das ist zumindest eine Möglichkeit. Aber man muss dann schauen, ob es in der täglichen Arbeit auch wirklich den Spaß macht, den es mir aktuell macht, wenn ich dreimal in der Woche mit jemanden darüber rede. Ansonsten einfach schauen, was auf mich zukommt – dann wird sich weisen, ob ich tiefer hineingehe oder nicht.

Bild: Krone KREATIV/krone.tv/Hannes Maierhofer, Tomasz Madejski, Bruk-Bet Termalica Nieciecza Klub SSA

krone.at: Zum Abschluss natürlich noch die eine Frage, an der man bei Dir nicht vorbeikommt: Was sagst Du zur heurigen Saison des SVSF Pottschach, Deines Heimatklubs? Kann man in der 2. Klasse Wechsel mit Stand jetzt Platz 2 hinter dem SV Grünbach zufrieden sein?
Spendlhofer: (lächelt) Ich glaube, sie dürfen zufrieden sein. Natürlich gehört der SVSF Pottschach nicht in die 2. Klasse, der gehört viel höher hinauf – zumindest in die 1. Klasse. Aber ich glaube, nach der vorherigen Saison war das wieder ein Schritt in die richtige Richtung und vielleicht klappt es nächstes Jahr mit dem Aufstieg.

krone.at: Du bist dem Klub noch sehr verbunden?
Spendlhofer: Ja, auf jeden Fall! Ich habe natürlich auch noch Freunde dort. Man verfolgt das Geschehen dort, auch wenn es nur online ist, weil man ja nie zu Hause ist. Es wird wieder einmal für mich Zeit, auf den Sportplatz zu gehen …


Das Video und mehr zu diesem Beitrag gibt es auch auf krone.at.

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